Sächsischer Weißschwanz

der weiße Schwanz ist ihr Markenzeichen

Die Farbentauben-Weißschwanzzeichnung ist eine logische Zeichnung und darum, auch logisch, ist es eine alte Zeichnungsform und zwangsläufig bei allen Farbentauben-Stämmen vorhanden. Wer einfarbige Tauben züchtet, weiß es aus Erfahrung. Wenn unerwünschte weiße Federn auftreten, dann am ehesten in den Extremitäten; Kopf, Schwanz oder Schwingen. Oder einfach ausgedrückt, an den Stellen die dem Herzen am weitesten entfernt sind. Weiß am Kopf und Schwanz ergibt die Weißschwanzzeichnung, wenn dann noch die Schwingen dazu kommen, haben wir den Mönch. Die Thüringer Variante mag sicherlich die älteste Weißschwanz-Farbentaube sein, aber auch unseren Sächsischen darf ein respektables Alter zugeschrieben werden. Beispielsweise wird die Rasse in Neumeisters " Das Ganze der Taubenzucht", 1. Auflage 1837 nicht nur umfassend als weißblassige Taube beschrieben, sondern auch auf Tafel 1 abgebildet. Zumindest die blaue-weißbindige Taube muß als - sächsisch- bezeichnet werden. In all den Jahrzehnten fand die Rasse ihre Liebhaber, wenngleich sie zu keiner Zeit Modetaube war und in riesiger Zahl die Ausstellungskäfige füllte. Auch im Ausland fand der Sächsische Weißschwanz begeisterte Anhänger, so zum Beispiel in Belgien, Dänemark, Niederlande , Schweiz oder in der Tschechei. Letztere betrachten den belatschten Weißschwanz gar als eigene Errungenschaft.
Was fasziniert die zahlreichen Züchter nun so an ihrere Rasse? Ich denke, es ist die selten gut gelungene Symbiose zwischen korrektem Sachsentyp und prächtiger Farbe.

Der Typ - Sachsentaubentyp

Der "Sachsentaubentyp" ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem festen Begriff geworden. Gemeint ist eine kräftige, langgestreckte, tiefgestellte Feldtaubenfigur. Harmonie ist aber gefragt. Jedes Extrem ist von Übel. Weder übergroße, noch zu lange oder zu tief stehende Figuren sind erwünscht. Eine ausgeprägte, kräftige, tiefgetragende Brust bildet das i-Tüpfelchen der gewollten Figur. Meist gibt es diesbezüglich kaum Veranlassung zum Meckern. Wollen wir einmal vom schwarzen Farbenschlag samt seinen Geschuppten absehen, die vor einigen Jahren völlig rechtens in's Gerede gekommen sind. Aber auch diese sind wieder auf einem guten Weg. Merke; die Figur ist nicht das Ein und Alles, aber ohne richtige Figur ist alles nichts! Davon abgesehen ist darauf zu achten, daß die Schwingen nicht zu lang sein sollten, also keinesfalls das Schwanzende erreichen. Der weiße Schwanz sollte schon zur Geltung kommen. Die Latschen sind bei unseren Weißschwänzen in aller Regel recht gut ausgeprägt und ausreichend lang sind sie allemal. Auf vordere Abrundung ist weiterhin zu achten. Mehr Latschenfülle und der schöne Abschluß in die Geierfedern dürfte aber auf dem Wunschzettel meist noch vermerkt werden.

Oh la, la, die Farbe!

Sächsische Weißschwänze sind "Farben"-tauben, par excellence, zweifelsohne und dies vermutlich schon seit fast 2 Jahrhunderten. Daneben sind unsere Weißschwänze in doppelter Hinsicht eine Sächsische-Kuriosität. Einmal, weil es in der Rasse selbst zweierlei Augenfarben gibt. Von den orange oder gelb-äugigen Gelben und Roten abgesehen, werden alle übrigen Farbenschläge nur dunkeläugig akzeptiert. Der zweite Fall; die fehlenden Binden bei Rot und Gelb. Mir kommt auf Anhieb keine andere sächsische Rasse in den Sinn, bei der die weißen Binden nicht verwirklicht wurden. Ende des 19. Jahrhunderts mündete der ganze Ergeiz der Züchter sächsischer Farbentauben in dem Bemühen, alle Roten und logischer Weise auch die Verdünntfarbe Gelb mit weißen Binden zu veredeln. Warum blieben ausgerechnet die Weißschwänze "außen vor"? Ich weiß es auch nicht!

Aber vielleicht spielt doch eine Rolle, daß die Zucht in besonderem Maße auf "Farbe" ausgerichtet war und sicher gab es genügend Versuche, die Binden zu übertragen. Aber dazu wären, zumindest anfangs, farbliche Kompromisse notwendig gewesen und dieses Opfer auf dem Altar der Farbe zu bringen, war man nicht bereit. Ein roter Weißschwanz ohne weiße Binde ist wohl für manchen Taubenfreund nicht recht vorstellbar. Ein Züchter hat zum Beispiel arg geschmunzelt, als ihm ein sehr bekannter Taubenmaler "seinen" roten Weißschwanz mit schönen Binden gemalt hat. Über Jahrzehnte nun haben die Preisrichter bei den roten und gelben Weißschwänze in Farbe investiert, die gar nicht "tief" genug sein konnte. Aus den Gelben ist längst "Gold" geworden, wie eine US-amerikanische Untersuchung ergeben hat. Ein Problem das man sich eingehandelt hat, ist die haarige Feder in der Bindengegend. Andererseits sind die breiten Lacksäume, welche die Farbe vor allem auf dem Flügelschild sehr unruhig erscheinen lassen, recht unschön. Aber dies ist möglicherweise eben eine Frage des Geschmacks. Davon abgesehen halte ich zur Zeit in meinem Abteil - Gelb - neben ein paar Weißschwänzen eine große Zahl gelbe Sächsische Brüster und da vermeide ich Absichtlich die Bemerkung gegenüber Besuchern; Brüster und Weißschwänze in "Gelb". Die Leute würden bei mir entweder abscheulich ramponierte Augenlichter vermuten oder gleich fragen, ob ich noch ganz knusper wäre, wenn dies ein und dasselbe Farbentauben-Gelb sein soll.

Ob der Glanz, grün oder rötlich analog gelblich bei Gelb, einen Einfluß auf die Federfestigkeit hat? Die Tschechen bevorzugen, auch und gerade bei ihren so fantastisch gefärbten roten Kröpfern den Rotglanz. Beim roten Sächsischen Weißschwanz ist die Schnabelfarbe zu einem echten Problem geworden. Eine Täubin mit tadellosem, hellem Schnabel ist fast schon eine Rarität. Die Gelben haben es in diesem Punkt zumindest leichter. Davon abgesehen kommen Liebhaber einer frischen, leuchtenden gelben Farbe heute bei einigen Tümmler-Rassen eher auf ihre Kosten. Gelb, und Rot sowieso, ist in fast allen Farbentauben-Gruppen mehr oder weniger zu einer leblosen, harten Farbe gezüchtet worden, nach meiner in der Tat, unwesentlichen Meinung. Aber die vielen Anhänger von roten und gelben Fränkischen Samtschildern, Süddeutschen Schildtauben oder Thüringer Weißschwänzen, um nur drei zu nennen, können sich wohl kaum irren! Auf einer Sonderschau sah ich neulich einpaar Thüringer Mäuser in gelb, die mich von der Farbe her total begeistert haben. Daß es so etwas Schönes noch gibt?


Was an den roten und gelben Sächsischen Weißschwänzen stets begeistern kann, ist der ausgezeichnete Typ, der harmonische Dreiklang Größe - Form - Latschen! Vielleicht gerade darum sind die beiden Farbenschläge so beliebt und gut verbreitet.

Ein ganz wundervolles Trio sind unsere Blauen; blauhohlig, blau-weißbindig und geschuppt. Erstere sieht man leider viel zu selten, sie laufen bei den Züchtern mehr oder weniger nur mit. Schade! Eine absolute Augenweide sind die Blau-weiß-geschuppten. Da stimmt zur Zeit bei einigen Tauben einfach alles. Und die Blau-weißbindigen haben inzwischen wieder zu einem richtigen Blau zurück gefunden, nachdem sich vor einigen Jahren ansonsten prächtige Tauben, farblich ziemlich vergaloppiert hatten. Nicht der einzige Fall, daß sich die Urfarbe der Tauben durch Auslese in eine nicht akzeptable Richtung verändert hat. Man könnte zu Demonstrationszwecken schon einmal eine Sammlung "blauer" Rassetauben zusammen tragen unter dem Motto; Variationen in Blau!

Im Standard sind als anerkannte Farbenschläge aufgeführt; Schwarz mit weißen Binden oder geschuppt (letztere mit oder ohne Finkung), Blau mit weißen Binden, geschuppt und hohlig, Rot, Gelb und Kupfer. Weiterhin Blaue mit schwarzen Binden, Gehämmerte, Gelerchte und Silberfahle mit schwarzen oder weißen Binden, oder hohlig. Die letzte Gruppe hat wohl nie wirklich existiert, allenfalls in Einzelexemplaren und zu Gesicht bekommen habe ich nie welche.

Die Zeichnung

Schnellkurs in Sachen Zeichnung. Der Weißschwanz ist eine einfarbige Taube mit 2 bzw. 3 weißen Farbfeldern. Drei, wenn der Farbenschlag weißbindig oder geschuppt zugelassen ist. Der weiße Stirnfleck ist so obligatorisch wie die weiße Schwanzzeichnung, inclusive den oberen Deckfedern. Die die 12 weißen Steuerfedern von unten abstützenden und abdeckenden Federn, der Form wegen in der Züchtersprache einfach als "Keil" tituliert, sind farbig. Ein rein und sauber gefärbter Keil, vollständig und mit keinerlei weißen Federn durchsetzt, ist seit vielen Jahrzehnten der Stolz, der Fetisch aller Weißschwanz-Züchter. Ohne jedwedes Wenn und Aber, ohne Diskussion. Und doch gibt es von Zeit zu Zeit Diskussionen, die es gar nicht geben dürfte, die so überflüssig sind wie ein Kropf und die meist unter der Rubrik "menschliches Versagen" einzuordnen sind. Wenn es nicht so traurig wäre, nicht das ganze Ausmaß menschlicher Irrungen und Wirrungen dartun würde, man könnte jenes Jahre zurückliegende Drama in zwei Akten verfilmen, das im Rücktritt eines korrekt handelnden Richters von jeglicher Preisrichtertätigkeit seinen Höhepunkt fand.

Highnoon, am Ausstellungskäfig!

Es ist jedes Ausstellers eigene Entscheidung, ob er eine Taube mit nicht korrekter Schwanzzeichnung in den Ausstellungskäfig stellt. Eine Sache der Risikofreudigkeit. Und wenn der Preisrichter hinters Licht geführt werden konnte, dann mag die Freude beim Aussteller groß sein. Nur sollte man auch ein fairer Verlierer sein, wenn der Richter hellwach war. Und über Preisrichter, die in Kenntnis des Ausstellers grobe Fehler schon mal "übersehen" habe ich meine Meinung, die ich aber hier nicht ausbreiten muß.

Die Größe der weißen Schnippe ist nicht zwingend vorgeschrieben, sie muß einfach ein schönes Bild abgeben, weder zu groß, noch zu klein. Seltsamerweise haben die roten Weißschwänze oftmals Schnippen, die an der absoluten Obergrenze angelangt sind. Bei zu großen Schnippen wirkt der Kopf regelrecht eckig; eine optische Täuschung allerdings. Die Anforderungen an korrekte Binden, an die Schuppung, sind bei allen Sächsischen Farbentauben die gleichen. Die Binden der Schwarzen sind hin und wieder bezüglich der Reinheit, mehr noch die Bindenform betreffend, zu tadeln. Die Trennung der Binde ist ja meist gegeben, aber die hintere Binde ist fast immer zu keilig, also ungleichmäßig breit . Dafür fehlt es der vorderen Binde oft an Schwung, sie dürfte gezogener sein. Ich kenne es fast nicht anders und wenn doch, dann haben wir es mit Ausnahmetauben zu tun, die mich in echte Begeisterung versetzen können. Wir Sachsentaubenliebhaber jagen eben stets einer Fata Morgana hinterher, die "Bindenanlage der Sächsischen Flügeltaube" heißt. Über die Flügeltaube allein könnte irgendwann die Idealbinde für den schwarzen Weißschwanz zu erreichen sein. Sicher kein Hexenwerk, aber in diesem Merkmal überragende Flügeltauben und etwas Ausdauer möchten schon sein. Der Kupfer-Weißschwanz ist für mich persönlich der absolute Star unter den vielen schönen Farbenschlägen unseres Sächsischen Weißschwanzes. Wohl immer wieder ausgestorben und verloren gegangen, doch von Besessenen stets neu erzüchtet, von Geheimnissen und Mythen umrankt. Im "Neumeister 1837" beispielsweise ist ausgerechnet diese so schwierig zu züchtende Farbe bereits erwähnt und abgebildet.

Auf Ausstellungen suche ich die Kupfer-Weißschwänze grundsätzlich auf und freue mich an den wenigen Tieren. Wenngleich ich oft recht enttäuscht bin, weil der Farbenschlag heute seinem Namen oft wenig Ehre macht. Wir waren in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts weiter. Wenn nur die schwarze Säumung nicht so breit und schwer wäre, das namensgebende Kupfer nicht erschlagen würde! Welche Pracht bei den Thüringer- und Süddeutschen Verwandten mit ihrer scharfen Pfeilspitzzeichnung. Diese wäre ja auch bei den Sachsen zugelassen, aber wir haben sie halt nicht. Vielleicht, weil zur Erzüchtung stets geschuppte Schwarze verwendet wurden. Ob sie übertragbar wäre, die Pfeilspitzzeichnung?

Die "Ja-schon" Taube!

Ich weiß nicht, ob Sie verehrter Leser diese Taubenrasse kennen. Wenn sie Liebhaber oder Züchter unseres Sächsischen Weißschwanzes sind, dann hat es bestimmt schon "klick" gemacht. Ich für meinen Teil kann mich 30 - 40 Jahre zurück erinnern, ich kenne es nicht anders. Man steht im Taubenschlag oder am Ausstellungskäfig und jetzt muß nur noch Einer in der Runde von einem bestimmten Weißschwanz schwärmen und sofort kommt es: "ja, schon" , aber wie ist die Bauchfarbe, der Keil? Den Weißschwanz-Züchter an sich scheint eine Taube von oben wenig zu interessieren. Die typische Handbewegung; man nimmt die Taube in die Hand, dreht sie reflexartig auf den Rücken, lässt den Keil durch die Finger gleiten, hat die Nase fast am Taubenbauch und bewegt die Taube hin und her. Wehe, die Bauchfarbe "setzt ab" oder lässt den Beinen zu an Farbtiefe und Glanz nach! "Schlachter" entfährt es den Begutachtern prombt und meist wenig sensibel und der Züchter zieht beschämt den Kopf zwischen die Schulter.
So hart kann das Los eines Züchters Sächsischer Weißschwänze schon mal sein, aber ich habe kein Mitleid. Schließlich gibt es noch 364 Tage im Jahr, da schaut die Sippe der Weißschwanz-Züchter gerade zu mitleidig auf uns arme Fehlgeleitete herab, auf alle Nichtzüchter dieser prächtigen, alten Taubenrasse. In der Gruppe Süd des Sondervereins der Züchter Sächsischer Farbentauben von 1895 befassen sich wohl mehr Züchter mit dieser Rasse, als mit anderen. Ein hoffnungsfrohes Zeichen. Unsere beiden Oldies, Alois Bögle und Erwin Nattenmiller haben zusammen wohl 100 Jahre Weißschwanz-Zucht auf dem Buckel, auch H. Hirschfeld zählt dazu, stürmisch bedrängt von unserer "Jugendgruppe" J. Bögle, R. Eisen und KH. Maurer. Gerade das Allgäu und Bayern, neben dem Hauptzuchtgebiet Sachsen selbstverständlich, war immer auch eine Hochburg der Rasse.

Artikel aus Fachzeitungen über diese Rasse:

Die sächsische Weißschwanztaube: Geflügel-Börse 47/1926; Autor Paul Hahn

Sächsische Weißschwänze: Geflügel-Börse 15/1929; Autor Paul Hahn

Die Sächsischen Weißschwänze: Geflügel-Börse 24/1950; Autor ?

Sächsische Weißschwänze, Perlen der Rassezucht: Geflügel-Börse 23/1956; Autor Wilh. Bremer

Der Sächsische Weißschwanz: Geflügel-Börse 9/1959; Autor Wilh. Bremer

Verliebt in Sächsische Weißschwänze Kupfer: Geflügel-Börse 7/1966; Autor Christian Reichenbach

Sächsische Weißschwänze blau und blaufahl: Geflügel-Börse 15/1979; Autor Arthur Küchler

Herrliche Farbentauben: Die Sächsischen Weißschwänze; DKZ 15/1972; Autor Dieter Prekel

Der Sächsische Weißschwanz - eine Perle des Erzgebirges; Garten u. Kleint.Zucht 1964? Autor E.Loose

Der Sächsische Weißschwanz: Der Taubenzüchter 24/1932; Autor E.Klein

Die Sächsischen belatschten Weißschwänze: Thüringer Gefl.Züchter 13/1938; Autor ?

Sächsische Weißschwänze: Deutscher Kleintier Züchter (DKZ) 6/2002; Autor Alois Münst

Wie steht es um die Zuchten der Sächsischen Weißschwänze? DGZ 12/1957; Autor Kurt Decker

Der Sächsische Weißschwanz: Nordd. Geflügelzeitung 17/1951; Autor ?

copyright by A. Münst 2002